Zur Frage der Grundzinsberechnung – Schlichtung weitgehend gescheitert
Der Schlichter der Sparkassen-Finanzgruppe Baden-Württemberg, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht a.D. Dr. Hansjörg Lohrmann, hat die Schlichtung der Streitfrage, wie der variable Grundzins zu den Scala-Sparverträgen der Sparkasse Ulm zu berechnen ist, im Ergebnis als gescheitert erklärt, weil die Sparkasse Ulm eine Einigung über nachträgliche Zinszahlungen ablehne. Der Minimalvorschlag des Schlichters geht nun dahin, dass die Sparkasse Ulm sich gegenüber den Beschwerdeführern dazu verpflichtet, auf die Einrede der Verjährung bis Ende 2019 zu verzichten. Dahinter steht die Idee, dass die Scala betreffenden Streitfragen bis dahin verbindlich durch die Gerichte geklärt sein müssten und es den Scala-Kontoinhabern so erspart bleibe, eigene gerichtliche Schritte einleiten zu müssen, nur um eine Verjährungshemmung bezüglich der Zinsen zu erreichen.
Zu der von der Sparkasse erhobenen Verjährungseinrede hat der Schlichter ansonsten wörtlich das Folgende festgestellt: „In erster Linie appelliere ich an sie, diesen Einwand komplett fallen zu lassen. Es sollte eigentlich nicht sein, dass eine Sparkasse sich gegenüber Zinsansprüchen ihrer Sparer mit dem Einwand der Verjährung einer Nachzahlung entziehen will.“.
Keinen Zweifel hat der Schlichter zudem daran gelassen, dass sämtliche von der Sparkasse Ulm vorgebrachten Argumente, mit denen sie die von ihr vorgenommene Grundzinsberechnung begründet, nicht tragfähig seien. In einem ausführlichen Anhang zu seinem Einigungsvorschlag hat sich der Schlichter dabei mit jedem einzelnen Argument der Sparkasse detailliert auseinander gesetzt. Unter anderem geht der Schlichter ohne weiteres von der Anwendbarkeit der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Berechnung von variablen Zinsen aus. Das erstmals von der Sparkasse vorgebrachte Argument, dass sie die Bonuszinsen in der Vergangenheit grundlegend falsch zu ihren Ungunsten berechnet habe und ihr deshalb nun sogar Bereicherungsansprüche gegen die Scala-Sparer zustünden (siehe dazu Post vom 26.03.2014), widerlegt er im Wesentlichen mit dem Hinweis darauf, dass die Sparkasse die Scala-Verträge über nahezu 21 Jahre lang in eindeutiger Weise gehandhabt habe. Es müsse deshalb bei dem bisherigen Verständnis der vereinbarten Bonuszinsstaffel bleiben, das insoweit zudem mit dem Verständnis der Sparer übereinstimme.
Interessant ist schließlich noch die Schätzung, die der Schlichter auf Basis der ihm vorliegenden Sachverhalte zur Höhe der von der Sparkasse Ulm zu wenig gutgeschriebenen Grundzinsen angibt: Er schätzt die Zinsnachzahlungsansprüche in der Regel auf € 1.000,- bis 4.000,- je Scala-Konto, in Einzelfällen mit schon länger hohem Guthabenstand auch darüber. Dabei stellt der Schlichter klar, dass diese Nachzahlungsansprüche grundsätzlich für alle Scala-Kontoinhaber bestehen, also auch für diejenigen, die ihre Scala-Konten zugunsten eines der Alternativangebote der Sparkasse aufgelöst haben. Rechnet man das auf ca. 22.000 Scala-Konten hoch, die nach Angaben der Sparkasse zum Jahreswechsel 2012/2013 noch bestanden, ergäbe sich also ein zweistelliger Millionenbetrag an rückwirkenden Zinsansprüchen, die die Sparkasse zu begleichen hätte.