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11. Wann ist ein Schiedsverfahren bei der Schiedsstelle nach dem Arbeitnehmererfindungsgesetz durchzuführen?

Gemäß § 37 Abs. 1 ArbEG ist Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Klage vor einem ordentlichen (Zivil-)Gericht grundsätzlich, dass vorher ein Verfahren vor der bei dem Deutschen Patent- und Markenamt eingerichteten Schiedsstelle nach dem Arbeitnehmererfindungsgesetz durchgeführt wurde.

Allerdings gibt es gemäß § 37 Abs. 2 ArbEG von diesem Grundsatz bedeutende Ausnahmen. Kein Schiedsverfahren ist demnach u.a. erforderlich, wenn (1) in der Vergangenheit bereits eine Vergütungsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geschlossen wurde und darüber nun Streit zwischen den Parteien besteht oder (2) der Arbeitnehmer aus dem Betrieb des Arbeitgebers zwischenzeitlich ausgeschieden ist.

Bei den ordentlichen Gerichten sind für Streitigkeiten aus dem Arbeitnehmererfindergesetz spezialisierte Zivilkammern bei bestimmten Landgerichten zuständig. In Bayern liegt die Zuständigkeit beim Landgericht München I sowie beim Landgericht Nürnberg-Fürth, in Baden-Württemberg ist das Landgericht Mannheim und in Nordrhein-Westfalen das Landgericht Düsseldorf ausschließlich zuständig.




10. Was kann ein Arbeitnehmer oder Arbeitgeber nach dem Arbeitnehmererfindergesetz gegen eine wirksame Vergütungsvereinbarung oder -festsetzung (noch) tun?

Arbeitnehmer wie Arbeitgeber können sich auf die Unbilligkeit einer Vergütungsvereinbarung oder -festsetzung berufen. Unbillige Vereinbarungen und Festsetzungen sind nach § 23 Abs. 1 ArbEG unwirksam. Allerdings muss die Berufung auf Unbilligkeit spätestens bis zum Ablauf von sechs Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses und durch Erklärung in Textform erfolgen, § 23 Abs. 2 ArbEG.

Dabei ist erhebliche Unbilligkeit im Regelfall dann anzunehmen, sobald die anhand der Vergütungsrichtlinien korrekt bemessene Vergütung die tatsächlich gezahlte Vergütung um das Doppelte über- oder unterschreitet.




9. Wann wird eine Vergütungsbemessung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer verbindlich?

Gemäß § 12 Abs. 1 ArbEG soll die Art und Höhe der Vergütung für die Erfindung grundsätzlich in angemessener Frist durch Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer festgestellt werden. Für die Vereinbarung ist keine Form vorgeschrieben. Eine entsprechende Vereinbarung kann daher auch mündlich oder stillschweigend durch übereinstimmendes Verhalten der Parteien geschlossen werden.

Kommt eine Vergütungsvereinbarung zwischen den Parteien nicht zustande, hat der Arbeitgeber die Vergütung spätestens bis zum Ablauf von drei Monaten nach Erteilung des Schutzrechts einseitig festzusetzen, § 12 Abs. 3 ArbEG. Dieser Festsetzung kann der Arbeitnehmer innerhalb einer Frist von zwei Monaten in Textform widersprechen, § 12 Abs. 4 ArbEG. Tut er dies nicht, wird die Festsetzung für beide Parteien verbindlich.




8. Wie bemisst sich die Erfindervergütung, die der Arbeitgeber für die Inanspruchnahme einer Erfindung an den Arbeitnehmer zu zahlen hat?

Bei der Berechnung der Erfindervergütung gilt der Grundsatz, dass der Arbeitnehmer an allen wirtschaftlichen Vorteilen zu beteiligen ist, die seinem Arbeitgeber aus der Diensterfindung zufließen.

Eine Vergütung erhält der Arbeitnehmererfinder daher grundsätzlich erst dann, wenn der Arbeitgeber die Benutzung der Erfindung tatsächlich aufgenommen hat. Dies setzt nicht zwangsläufig eine betriebliche Eigennutzung voraus, vergütungspflichtig sind jedwede Verwertungshandlungen, wie z.B. Lizenzvergabe innerhalb eines Konzerns oder an Dritte oder Nutzung als Vorrats- bzw. Sperrpatent.

Gemäß § 9 Abs. 2 ArbEG sind für die Bemessung der Erfindervergütung insbesondere die wirtschaftliche Verwertbarkeit der Diensterfindung, die Aufgaben und die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb sowie der Anteil des Betriebes an dem Zustandekommen der Diensterfindung maßgebend.

Im Einzelnen hat die Vergütungsbemessung anhand der Richtlinien für die Vergütung von Arbeitnehmererfindungen im privaten Dienst zu erfolgen ein knockout-post.

Die Erfindervergütung (V) berechnet sich danach als Produkt von Erfindungswert (E) und Anteilsfaktor (A):

V = E × A.

Hauptmethode zur Berechnung des Erfindungswerts (E) ist die Lizenzanalogie. Danach wird in Anlehnung an den freien Lizenzverkehr der Erfindungswert durch Multiplikation des Umsatzes, den der Arbeitgeber mit dem erfindungsgemäßen Gegenstand erzielt, mit einem marktüblichen Lizenzsatz für die zu vergütende Erfindung ermittelt.

Problematisch sind bei Anwendung der Lizenzanalogie regelmäßig die folgenden Punkte:

– Der im Einzelfall marktübliche Lizenzsatz lässt sich häufig nicht oder nur schätzweise ermitteln.

– Sind in einem komplexen Erzeugnis eine Vielzahl von Erfindungen implementiert, wie z.B. in einem Mobiltelefon, in dem hunderte bis tausende geschützte Erfindungen verwirklicht sind, fragt sich, wie diese Vielzahl an Erfindungen bei der Vergütungsbemessung und insbesondere der Bestimmung des Lizenzsatzes zu berücksichtigen ist.

– Wird die Erfindung in einem Konzern neben dem rechtlich formalen Arbeitgeber des Erfinders auch durch andere konzernangehörigen Unternehmen genutzt, fragt sich, ob und ggf. wie die Umsätze, die die konzernangehörigen Unternehmen mit der Erfindung erzielt haben, zu berücksichtigen sind.

– Wird der feststellbare Umsatz mit einem komplexen Erzeugnis erzielt, bei dem die zu vergütende Erfindung nur in einem (ggf. untergeordneten) Einzelteil des komplexen Erzeugnisses verwirklicht ist, fragt sich, ob auf den Umsatz des komplexen Erzeugnisses oder auf den Wert des Einzelteils abzustellen ist.

– Werden mit der Erfindung besonders hohe Umsätze erzielt, sind diese ggf. abzustaffeln (Richtlinie Nr. 11).

Mit dem Anteilsfaktor (A) wird berücksichtigt, welchen Anteil der Arbeitgeber an dem Zustandekommen und der Verwertung der Erfindung hat. Der Anteilsfaktor hat daher immer einen Wert < 1. Er wirkt für den Arbeitnehmer damit vergütungsmindernd. Die Höhe des Anteilsfaktors bestimmt sich aus den drei Teilfaktoren Stellung der Aufgabe (1), Lösung der Aufgabe (2) und Aufgaben und Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb (3). Einzelheiten hierzu finden sich in den Richtlinien zur Vergütung von Arbeitnehmererfindungen im privaten Dienst, Richtlinien Nr. 30-38.




7. Welche Pflichten obliegen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Rahmen des Anmeldeverfahrens?

Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über das Verfahren regelmäßig zu unterrichten und ihm Abschriften der Schutzrechtsanmeldeunterlagen zu geben, § 15 Abs. 1 ArbEG. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, den Arbeitgeber auf Verlangen zu unterstützen und die erforderlichen Erklärungen abzugeben, § 15 Abs. 2 ArbEG.




6. In welchem Umfang muss der Arbeitgeber Schutzrechte anmelden, wenn er eine Diensterfindung in Anspruch genommen hat?

Wesentliche Pflicht des Arbeitgebers nach Inanspruchnahme ist es, die gemeldete Diensterfindung zur Erteilung eines Schutzrechts (d.h. eines Patents oder Gebrauchsmusters) in Deutschland anzumelden, § 13 ArbEG (Anmeldepflicht im Inland).

Schutzrechtsanmeldungen im Ausland ist der Arbeitgeber berechtigt vorzunehmen, § 14 Abs. 1 ArbEG. Will er Auslandsschutzrechte nicht erwerben, hat er dem Arbeitnehmer die Diensterfindung freizugeben und ihm auf Verlangen den Erwerb eigener Auslandsschutzrechte zu ermöglichen, § 14 Abs. 2 ArbEG. Der Arbeitgeber hat in diesem Fall die Möglichkeit, sich ein nicht ausschließliches Benutzungsrecht in den jeweiligen ausländischen Staaten vorzubehalten, § 14 Abs. 3 ArbEG.

In der Praxis „kaufen“ Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern die Pflicht zur Schutzrechtsfreigabe bei Nichtanmeldung von Schutzrechten im Ausland häufig „ab“, indem sie dem Arbeitnehmer eine Pauschalsumme von im Regelfall maximal einigen Tausend Euro bezahlen und der Arbeitnehmer dafür auf seine Rechte aus § 14 Abs. 2 ArbEG verzichtet (ähnlich wird im Hinblick auf § 16 Abs. 1 ArbEG verfahren).




5. Wie nimmt ein Arbeitgeber eine Diensterfindung in Anspruch?

Nach dem neuen Recht gilt für Diensterfindungen, die seit dem 01.10.2009 gemeldet wurden, gemäß § 6 ArbEG das Folgende:

Sofern der Arbeitgeber bis zum Ablauf von vier Monaten nach Eingang der ordnungsgemäßen Erfindungsmeldung gegenüber dem Arbeitnehmer nicht in Textform erklärt, dass er die Erfindung freigibt, gilt sie als in Anspruch genommen, § 6 Abs. 2 ArbEG. Wirkung der Inanspruchnahme ist der Übergang aller vermögenswerten Rechte an der Erfindung auf den Arbeitgeber, § 7 Abs. 1 ArbEG.

Frei wird eine Diensterfindung also nur noch dann, wenn der Arbeitgeber eine solche Freigabe in Textform erklärt.

Nach dem alten Recht, das auf Diensterfindungen anzuwenden ist, die bis zum 30.09.2009 gemeldet wurden, bestand dagegen keine Inanspruchnahmefiktion. Stattdessen musste der Arbeitgeber die Inanspruchnahme innerhalb einer Frist von spätestens vier Monaten nach Eingang der ordnungsgemäßen Meldung schriftlich gegenüber dem Arbeitnehmer erklären, § 6 Abs. 2 a.F. ArbEG.




4. Welche Pflichten hat der Arbeitnehmer zu beachten, wenn er eine Diensterfindung gemacht hat?

Wichtigste Pflicht des Arbeitnehmers ist die unverzügliche Meldung einer Diensterfindung in Textform, § 5 ArbEG.

In der Meldung hat der Arbeitnehmer die technische Aufgabe, ihre Lösung und das Zustandekommen der Diensterfindung zu beschreiben, § 5 Abs. 2 ArbEG.

Für die Erfindungsmeldung gibt es in Unternehmen mit gut organisiertem Erfindungswesen in der Regel Formblätter, die eine Vielzahl typischerweise relevanter Fragen vorsehen. Im Allgemeinen ist es für den Arbeitnehmer empfehlenswert, von diesen Formblättern Gebrauch zu machen.




10. Welche Verteidigungsmittel bestehen, wenn ein eingetragenes Design / Geschmacksmuster eines Dritten nicht schutzfähig ist?

Gegen ein nationales deutsches Design / Geschmacksmuster kann Nichtigkeitsklage vor einem ordentlichen Gericht erhoben werden, § 33 GeschmMG.

Gemeinschaftsgeschmacksmuster können auf Antrag hin von dem Harmonisierungsamt für nichtig erklärt werden, Art. 52 GGVO. Gegen die Entscheidung der dafür beim Harmonisierungsamt eingerichteten Nichtigkeitsabteilung ist Beschwerde möglich, Art. 55 GGVO. Über diese entscheidet die Beschwerdekammer. Die Entscheidung der Beschwerdekammer ist dann noch mit einer Klage zum Gerichtshof der Europäischen Union anfechtbar, Art. 61 GGVO.

Die Nichtigkeit eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters kann alternativ auch im Wege der Klage vor einem ordentlichen Gericht geltend gemacht werden, Art. 84 Abs. 1 GGVO.




9. Was prüft das Deutsche Patent- und Markenamt und das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt („Europäisches Markenamt“) bei der Eintragung eines Designs / Geschmacksmusters?

Beide Ämter führen im Wesentlichen nur eine Formalprüfung durch, bei der festgestellt wird, ob die Formerfordernisse der Anmeldung (insb. notwendige Mindestangaben, Formvorschriften, Beachtung der Vertretungs- und Priortätsregeln) erfüllt sind. Zurückgewiesen werden kann eine Anmeldung aber auch dann, wenn für einen Gegenstand Schutz beansprucht wird, der kein Design / Geschmacksmuster ist.

Aus der Tatsache, dass ein bestimmtes Geschmacksmuster / Design eingetragen ist, kann also nicht geschlossen werden, dass es die wesentlichen Schutzvoraussetzungen der Neuheit und Eigenart erfüllt.