13.07.15

Ergebnisse des Scala-Verhandlungstages vom 13.07.2015

Zu den wesentlichen neuen Erkenntnissen, die der heutige Scala-Verhandlungstag vor dem Landgericht Ulm erbracht hat, verweisen wir zunächst auf die nachfolgend wiedergegebene Pressemitteilung des Pressesprechers des Landgerichts Ulm:

„Die 4. Zivilkammer des Landgerichts Ulm verhandelt  heute in Sachen „Scala“  in vier Verfahren. 

Gegenstand der bis zur Stunde durchgeführten drei Verhandlungen war insbesondere die Frage der zutreffenden Zinsberechnung der Scala-Sparverträge.

Kernpunkt des Meinungsstreits ist hier die Frage, ob der der variable Grundzins in einem relativen oder absoluten Verhältnis zum Referenzzins steht.

Die Kammer hat ihre vorläufige Rechtssauffassung zum Ausdruck gebracht, wonach sie im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung das relative Verhältnis favorisiere,  d.h. dass der Abstand zwischen Grund- und Referenzzins prozentual konstant gehalten werden müsse. (Beispiel: bei einem Grundzins von 3 % und einem Referenzzins von 6 % im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (Stichtag) würde der Grundzins bei fortlaufender Zinsanpassung konstant 50 % des Referenzzins betragen und nicht 3 Prozentpunkte weniger als der Referenzzins. Er könne deshalb auch nicht ins Minus geraten, solange der Referenzzins selbst nicht im Minus stehe).

Die Kammer ist ferner der vorläufigen Auffassung, dass hinsichtlich des Zinsanpassungsverfahrens keine wirksame Regelung in den Sparverträgen getroffen sei. Es sei deshalb im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung im Urteil auch zu klären, welchen Referenzzins die Parteien zum Stichtag herangezogen hätten, wenn sie bedacht hätten, dass hierüber keine vertragliche Vereinbarung zustande gekommen ist.

 Die Kammer hat  in allen 3 Verfahren Termin zur Verkündung einer Entscheidung bestimmt auf  

 Freitag, den 07.08.2015, 11:30 Uhr, Saal 213 des Landgerichts, Olgastr. 106.“

 

Die zu der Grundzinsstreitfrage von den Scala-Klägern gestellten Anträge lauten nach folgendem Muster:

„Die Beklagte wird verurteilt,

a) die Berechnung der auf den Scala-Sparvertrag Nr. xx0 zu zahlenden Zinsen seit dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses neu vorzunehmen und dabei nach folgenden Regeln vorzugehen:

  • bei der Anpassung der Höhe des variablen Zinsbestandteils, des sog. “Grundzinses”, ist das relative Verhältnis von Grund- und Referenzzins, wie es von den Parteien bei Vertragsabschluss vereinbart wurde, konstant zu halten, wobei zugrunde zu legen ist, dass die Parteien bei Vertragsabschluss zunächst einen Grundzins in Höhe von xxx Prozentpunkten vereinbart haben;
  • als Referenzzins ist ein Durchschnittszins bestehend aus dem gleitenden Durchschnitt des 10-Jahreszinses für Bundeswertpapiere mit jährlicher Kuponzahlung, Zinsreihe BBK01.WZ3459, zu 80% und dem gleitenden Durchschnitt des 2-Jahreszinses für Bundeswertpapiere mit jährlicher Kuponzahlung, Zinsreihe BBK01.W3451, zu 20 % heranzuziehen;
  • Zinsanpassungen sind quartalsweise jeweils zum 15.02., 15.05., 15.08. und 15.11. vorzunehmen, sofern sich der Referenzzinssatz um mindestens 0,10 Prozentpunkte gegenüber seinem vorhergehenden Wert verändert;
  • der sich aus der Zinsstaffel ergebene Bonuszins ist abhängig von dem Jahr der Vertragslaufzeit seit Vertragsabschluss auf das gesamte, in diesem Jahr auf dem jeweiligen Scala-Konto angesparte Guthaben zu zahlen;

dabei hat die Rechnungslegung durch die Beklagte in einer zeitlich nach Jahren, Quartalen und/oder Tagen geordneten Aufstellung zu erfolgen, aus der sämtliche für die Berechnung relevanten Angaben ersichtlich sind, so dass dem Kläger eine vollumfängliche Nachprüfung der Berechnung auf Richtigkeit möglich ist.

b) bislang gegebenenfalls zu wenig gutgeschriebene Zinsen, inklusive sich ergebender Zinseszinsen, auf dem Scala-Konto der Klägerin Nr. xx0 gutzuschreiben.“

 

Sofern es bei der von der Kammer geäußerten vorläufigen Rechtsauffassung bleibt, wird die Sparkasse nach dem vorstehenden Muster verurteilt werden.

 

Bei Anwendung der vorstehenden Art und Weise der Zinsberechnung ergeben sich – praktisch-konkret – die folgenden Konsequenzen:

  • Es ist, aus heutiger Sicht gesehen, praktisch ausgeschlossen oder zumindest äußerst unwahrscheinlich, dass sich der Grundzins jemals in den Bereich eines Minuszinses entwickeln wird (was nach Auffassung der Sparkasse dann zu einer entsprechend Reduzierung des fest zugesagten Bonuszinses führen sollte).
  • Die von der Sparkasse Ulm gutzuschreibenden Grundzinsen (= der variable Zinsbestandteil des Gesamtzinses) liegen für alle Scala-Verträge signifikant höher, als die von ihr bislang gutgeschriebenen Zinsen. Die Zinsnachzahlungsansprüche der Sparer belaufen sich (grob geschätzt) auf durchschnittlich ca. 0,6 – 1,3 % des zu verzinsenden Sparguthabens pro Jahr. Die Höhe hängt dabei maßgeblich ab von dem Zeitpunkt, zu dem der jeweilige Scala-Sparvertrag abgeschlossen wurde.
  • In Summe könnten sich die Nachzahlungsansprüche eines durchschnittlichen Scala-Sparers auf mehrere Tausend Euro belaufen, in Ausnahmenfällen besonders hoher Sparguthaben im sechsstelligen Bereich sogar über zehntausend Euro hinaus. Derzeit ist davon auszugehen, dass eine Verjährung von Nachzahlungsansprüche bis zurück zum Zeitpunkt des jeweiligen Vertragsabschlusses, also etwa in den 90er-Jahren, nicht eingetreten ist.
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