15.02.15

Umstellerklagen auf Wiederherstellung der ursprünglichen Scala-Sparverträge – Fortgang der anhängigen Verfahren

Mit Schriftsatz vom 26.01.2015 (interessanterweise zugleich Tag des Urteils I. Instanz in Sachen Scala I) hat die Sparkasse Ulm erstmals in einem Klageverfahren Stellung genommen, in dem es um die Wiederherstellung eines Scala-Vertrages geht, den der Kläger im Sommer 2013 zugunsten mehrerer Alternativ-Sparverträge aufgegeben hatte (Verfahren LG Ulm Az. 4 O 376/14 – hier als Scala XII bezeichnet). Wie bereits außergerichtlich von ihr vertreten, ist die Sparkasse weiter der Auffassung, dass sie den alten Vertrag des Klägers nicht wiederherstellen muss.

Neben diesem Verfahren sind in dem Verfahren Scala XI die Klagen zweier weiterer Kläger anhängig, die gleichfalls die Wiederherstellung ihrer ursprünglichen Scala-Verträge verlangen. Zusammengenommen sind derzeit also für insgesamt drei Umstellungskläger Klagen vor dem Landgericht Ulm anhängig, die allesamt von der IP-Kanzlei Lang vertreten werden. Weitere Klagen stehen kurz vor Erhebung bzw. sind in Vorbereitung.

Brisant dürften diese Umstellerklagen unter anderem deshalb sein, weil zur Beantwortung der Frage, ob die ursprünglichen Scala-Verträge wiederherzustellen sind, zu klären ist, ob die Sparkasse bzw. ihre handelnden Mitarbeiter die Scala-Kunden im Rahmen der „Umstellungsberatung“ widerrechtlich bedroht und/oder aufgrund falscher Angaben dazu gebracht haben, ihre Scala-Verträge aufzulösen. Sofern dies zu bejahen ist, hätte sich die Sparkasse infolge pflichtverletzenden Verhaltens schadensersatzpflichtig gemacht und müsste infolgedessen die alten Scala-Verträge wiederherstellen.

Nachfolgend stellen wir dar, wie in Sachen Scala XII die zentralen Argumentationslinien des Klägers und der Beklagten derzeit, also nach Einreichung der Klage und Zugang der Klageerwiderung der Sparkasse, liegen.

1. Der wesentliche Sachverhalt des Verfahrens Scala XII kann nach diesseitiger Auffassung wie folgt zusammengefasst werden:

Der Kläger hatte Ende September 2013, als er sich entschied, sein Scala-Konto aufzugeben und eine Kombination von Alternativ-Sparangeboten der Sparkasse anzunehmen, auf seinem Scala-Konto ein überdurchschnittliches Sparguthaben angespart und seit längerer Zeit hohe monatliche Sparraten auf das Konto einbezahlt. Im Sommer 2013 hat die Sparkasse dem Kläger die allgemein bekannten Alternativ-Sparangebote unterbreitet und ihm in diesem Zuge sinngemäß mitgeteilt, dass sie, die Sparkasse, die Scala-Verträge kündigen könne und sie dies nach Ablauf der Annahmefrist für die Alternativ-Sparangebote auch tun werde. Der Kläger hat diese Ankündigung ernst genommen und sich infolgedessen überlegt, wie er das auf seinem Scala-Konto angesparte Guthaben zukünftig bestmöglich in einer Kombination von Alternativ-Sparverträgen anlegen kann.

Nach unserer Auffassung handelt es sich also um einen Sachverhalt, wie er – zumindest in seinen maßgeblichen Grundzügen – tausendfach passiert ist. Er ist insoweit auch identisch mit dem Sachverhalt in dem Verfahren Scala XI.

2. Wesentliche Argumentation des Klägers zur Begründung der von ihm verlangten Wiederherstellung seines Vertrages:

Der Kläger begründet seinen Anspruch im Wesentlichen damit, dass ihn die Sparkasse bzw. deren handelnde Vertreter im Rahmen der „Umstellungsberatung“ widerrechtlich bedroht und aufgrund falscher Angaben zur Auflösung seines Scala-Vertrages gebracht haben, indem sie

  • angedroht haben, den Scala-Vertrag bei Nichtannahme eines Alternativ-Angebots zu kündigen;
  • mitgeteilt haben, dass der Sparkasse ein Kündigungsrecht aus Gesetz zustehe und sie dazu unabhängige Rechtseinschätzungen vorliegen habe, die dies bestätigten;
  • durch Setzung einer Frist zur Annahme der Alternativ-Sparangebote zeitlichen Druck aufgebaut haben.
  • (hinzukommen zahlreiche weitere Begleitumstände, die in diesem Post nicht im Einzelnen aufgeführt werden können).

Nach diesseitiger Auffassung ist dieses Verhalten eklatant pflichtverletzend, weil die Sparkasse bzw. ihre Vertreter den Kläger allein aufgrund der Drohung, den Scala-Vertrag notfalls zu kündigen, zur Auflösung seines Scala-Vertrages veranlasst haben. Rechtswidrig ist dieses Verhalten deshalb, weil das eingesetzte Mittel, also die Kündigungsdrohung inkl. der weiteren Begleitumstände, zur Erreichung des angestrebten Zwecks, mithin den Kläger zu einer Vertragsauflösung zu bringen, verwerflich ist, oder – mit anderen Worten – in erhöhtem Grade sittlich zu missbilligen bzw. als sozialwidrig zu begreifen ist (eine detaillierte Subsumtion mit Darlegung aller Details ist in diesem Post freilich nicht möglich).

3. Wesentliche Argumentation der Beklagten dazu, weshalb die geltend gemachten Ansprüche nach ihrer Auffassung nicht bestehen:

  • Der Kläger habe die Alternativ-Sparverträge nicht deshalb angenommen, weil er seitens der Sparkasse bedroht worden sei, sondern allein deshalb, weil er sich „noch bessere Konditionen“ für sein angespartes Guthaben erhofft habe. Er sei mit den Alternativ-Sparverträgen tatsächlich „besser gestellt, als mit seinem ursprünglichen Vertrag“. Durch die Kombination von fünf Alternativ-Sparverträgen habe er „enorme Flexibilität dazu gewonnen“.
  • Der Kläger sei einschlägig akademisch gebildet und in Kapitalanlagen erfahren. Zudem habe er in seinem familiären Umfeld erfahrene Finanzexperten, die ihn ständig berieten. Deshalb habe die Sparkasse nicht die angebliche Unerfahrenheit des Klägers ausnutzen können.
  • Die Sparkasse habe aufgrund eines Schlichterspruchs des Schlichters des Sparkassenverbandes Baden-Württemberg in einem ähnlichen Fall auf das Bestehen eines gesetzlichen Kündigungsrechts zu ihren Gunsten vertrauen dürfen.
  • Ein Mittel könne in keinem Fall sozialwidrig sein, wenn die Kündigung bei verständiger Würdigung aus Sicht der Sparkasse vertretbar war (wobei eine Analogie zur Rechtsprechungspraxis des Bundesarbeitsgerichts in Fällen der Kündigung von Arbeitsverhältnissen gezogen wird). Von einer solchen Vertretbarkeit der Kündigung sei die Beklagte ausgegangen.

Soweit eine zusammenfassende Darstellung der derzeit einander gegenüberstehenden Positionen.

Streitentscheidend dürfte letztlich sein, ob das Gericht das Verhalten der Sparkasse bzw. ihrer Mitarbeiter und Vertreter als sozial- und damit pflichtwidrig beurteilt.

Termin zur mündlichen Verhandlung in Sachen der Umstellerklagen Scala XI und Scala XII ist am 20.04.2015, 14:15 Uhr (Scala XI) und 16:15 Uhr (Scala XII), vor dem Landgericht Ulm, Saal 213. In einem nächsten Schritt werden wir, die Klägerseite, unsere bisherige Argumentation aus der Klageschrift durch weiteren Tatsachen- und Rechtsvortrag weiter zu untermauern versuchen.

 

 

 

 

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