28.04.15

Weitere Klagen in Sachen Scala erhoben

Nachdem die Sparkasse Ulm in Sachen Scala I Ende Februar Berufung zum Oberlandesgericht Stuttgart eingelegt hat (Az. 9 U 31/15) und sich eine rechtskräftige Klärung der Kündigungs- und Ratenänderungsfrage damit hinziehen wird, haben im Laufe des März und April 2015 mehr als 30 weitere Kläger, jeweils vertreten durch die IP-Kanzlei Lang, eigene Klagen zur Durchsetzung ihrer Rechte gegen die Sparkasse erhoben. Stand heute (28.04.2015) sind damit für insgesamt 50 Kläger Scala-Klagen erhoben, die in insgesamt 33 Verfahren zusammengefasst sind, davon:

„Nichtumstellungsklagen“            17 Verfahren für 24 Kläger

„Umstellungsklagen“                     16 Verfahren für 26 Kläger

Die Nichtumstellungsklagen stellen i.d.R. die folgenden Streitfragen zur Entscheidung des Gerichts:

(1) Darf die Sparkasse Ulm die mit den Sparern geschlossenen Scala-Sparverträge vor Ablauf der 25-jährigen Mindestvertragslaufzeit ordentlich kündigen?

(2) Sind die Sparer berechtigt, die monatliche Sparrate in der Marge von € 25,- bis € 2.500,- (bzw. entsprechende DM-Beträge oder bei alten Verträgen bis Vierfaches der Ursprungsrate) jederzeit frei zu bestimmen und beliebig zu ändern?

(3) Wie ist der variable Grundzins während der Vertragslaufzeit anzupassen? Haben die Sparer Anspruch auf Ausgleich für in der Vergangenheit zu wenig gutgeschriebene Zinsen?

Die Umstellungsklagen richten sich in erster Linie auf die Wiederherstellung der jeweiligen, ursprünglichen Scala-Verträge, die von den Klägern im Rahmen der Umstellungskampagne der Sparkasse aufgelöst wurden, stellen, für den Fall, dass diesem Begehren statt gegeben wird, aber i.d.R. sogleich auch die vorstehend aufgeführten Streitfragen (1)-(3) zur Entscheidung des Gerichts.

Neben den nun erhobenen 50 Klagen befinden sich derzeit knapp ein Dutzend weiterer Klagen noch in Vorbereitung.

Wie laufen die anhängigen Verfahren nun weiter?

In den Verfahren Scala I und Scala V hat die Sparkasse Berufung zum Oberlandesgericht Stuttgart eingelegt. In Sachen Scala I muss die Sparkasse die Berufungsbegründung bis zum 11.05.2015 vorlegen, in Sachen Scala V bis zum 05.06.2015. Verhandlungstermine sind noch nicht bestimmt.

Die für sämtliche Scala-Streitsachen in I. Instanz allein zuständige 4. Zivilkammer des Landgerichts Ulm (Bankstreitkammer) hat derzeit nur in vier anhängigen Verfahren, nämlich in Sachen Scala II, Scala III, Scala XI und Scala XII, Verhandlungstermine bestimmt. In allen diesen Verfahren sollen mündliche Verhandlungen am 13.07.2015 stattfinden (Landgericht Ulm, Saal 213, ab 9 Uhr).

Die Verfahren Scala II und III sind jene Verfahren, die zu der Grundzinsfrage (d.h. der Frage, ob die Sparkasse die variablen Grundzinsen in der Vergangenheit richtig berechnet hat und sie, wenn dies nicht zutrifft, den Sparern zu wenig gutgeschriebene Zinsen rückwirkend gutschreiben muss) am weitesten fortgeschritten sind. In dem ersten Verhandlungstermin vom 12.11.2015, der in diesen Verfahren stattgefunden hat, hat die Kammer des Landgerichts bereits erkennen lassen, dass sie die von der Sparkasse vorgenommene Zinsfestlegung in der Vergangenheit voraussichtlich als fehlerhaft beurteilt. Wenn es dabei bleibt, ist die entscheidende Frage, nach welchen Regeln die Sparkasse bei der Zinsberechnung hätte vorgehen müssen. Diese Regeln wird die Kammer voraussichtlich im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung schaffen müssen, weil die von Parteien geschlossenen Scala-Verträge insoweit lückenhaft sind. Möglicherweise wird die Kammer in dem Verhandlungstermin am 13.07.2015 hierzu im Einzelnen ausführen. Die klägerseits für angemessen gehaltenen Regeln zur Grundzinsberechnung ergeben sich vollständig aus dem gestellten Klageantrag, der als Muster unter diesem Link abrufbar ist.

In dem Verfahren Scala XI klagen drei, zu einer Familie gehörende Scala-Kläger auf Wiederherstellung ihrer Scala-Verträge. Für zwei dieser Kläger hat die Sparkasse bereits Anerkenntnisse erklärt und den Rechtsstreit damit insoweit beendet. Für den dritten Kläger, der erst vor einigen Monaten hinzugekommen ist, ist diese Streitfrage noch offen. Sofern die Sparkasse nicht vor dem Verhandlungstermin wieder eine Anerkenntniserklärung abgibt, wird am 13.07.2015 also erstmals darüber verhandelt, ob die Sparkasse Ulm zur Wiederherstellung eines aufgelösten Scala-Vertrages verpflichtet ist.

Das Verfahren Scala XII hat eine weitere Umstellungsklage zum Gegenstand, mit der die Wiederherstellung des zwischenzeitlich aufgelösten Scala-Sparvertrages erfolgreich durchgesetzt werden konnte. In diesem Verfahren geht es noch um die drei Streitfragen betreffend die Kündigung, Ratenerhöhung und Grundzinsberechnung.

Warum ist die Erhebung weiterer Scala-Klagen aus Sicht der Scala-Sparer notwendig?

Die Notwendigkeit, dass jeder Scala-Sparer, der auf seine Rechte nicht verzichten will, diese gerichtlich geltend machen muss, ergibt sich aus der sehr aggressiven Prozessstrategie, mit der die Sparkasse Ulm die Scala-Rechtsstreite von Beginn an führt.

Im Einzelnen:

1. Die Sparkasse hat wiederholt erklärt, dass jeder Scala-Streitfall als Einzelfall zu betrachten sei, weshalb die Ergebnisse, die einzelne Scala-Sparer vor Gericht erzielen, nicht auf die Fälle anderer Scala-Sparer übertragen werden könnten. In anderen Worten: Die Sparkasse spricht den anhängigen Rechtsstreiten jede exemplarische Bedeutung ab und kündigt damit an, dass sie die Ergebnisse der anhängigen Rechtsstreite für alle anderen Scala-Sparer nicht anerkennen wird.

2. Die Sparkasse hat es trotz mehrfacher Anfragen seitens der IP-Kanzlei Lang verweigert, für die diesseits vertretenen Scala-Kläger einen umfassenden, wechselseitigen Verjährungsverzicht für den Zeitraum bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Verfahren Scala I – XII zu erklären.

Ein solcher Verjährungsverzicht hätte den Sparern, die bislang keine eigenen Klagen erhoben haben, die Sicherheit gegeben, dass sie ihre Rechte im Laufe der möglicherweise noch mehrere Jahre andauernden Rechtsstreitigkeiten nicht verlieren. Sie hätten zum Zwecke einer (vorsorglichen) Verjährungshemmung dann keine eigenen Klagen erheben müssen.

Besonders relevant ist dieser Punkt für jene Sparer, die ihren Scala-Sparvertrag aufgelöst haben und nun wiederherstellen möchten. Für sie tritt die Verjährung spätestens am 01.01.2017 ein. Danach dürfte eine Wiederherstellung der Scala-Verträge rechtlich unmöglich sein, egal ob und welche Art von Pflichtverletzungen sich die Sparkasse im Rahmen der Umstellungsberatung hat zu Schulden kommen lassen. Allem Anschein nach arbeitet die Sparkasse mit ihrer Prozessstrategie auch darauf hin, diesen Verjährungseintritt zu erreichen.

3. Die Sparkasse hat die von dem Gericht im Frühjahr 2014 und in dem Verhandlungstermin vom 12.11.2014 unterbreiteten Vergleichsvorschläge abgelehnt und mit ihren eigenen, so bezeichneten „Vergleichsangeboten“ vom Sommer 2014 und vom 12.11.2014, die über die Alternativsparangebote vom Sommer/Herbst 2013 nur ganz geringfügig hinausgingen, unzweifelhaft dokumentiert, dass sie zu einem Entgegenkommen im Sinne einer einvernehmlichen Lösung des Streitfalls generell nicht bereit ist. Die „Vergleichsangebote“ der Sparkasse liegen daher sehr weit ab von den Vergleichsvorschlägen des Gerichts.

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